Und täglich grüsst das Murmeltier … der Lemming
20.7.
Auch heute ist es mit 29°, Sonne und nur etwas Wind richtig warm, die Locals finden es viiiel zu warm. Ich vertrödle den Tag. Emails lesen und schreiben, Wetterbericht ansehen – in der Baari darf ich das Internet gratis benützen – und bei der Wildnis-Verbindung braucht es auch beinahe den halben Tag bis ein paar Seiten laden. Dann noch orthodoxen Friedhof besichtigen und das Museum über die Kolta-Sami (auch gratis!), Wäsche waschen.
Für den Abend hat mir Piia, die hier jede Menge Leute kennt, einen Ausflug mit den Locals zum Netzfischen organisiert. Die Sami, in Sevettijärvi sind es Kolta-Sami, sind die einzigen, die auch noch mit dem Netz fischen dürfen; alle anderen dürfen nur angeln.
Und so läuft das traditionelle Netzfischen im Jahre 2011: Kurz nach 18:00 holen mich Tuula und Tompa in der Baari ab, wo ich mit ihnen verabredet bin. Wir fahren mit dem Auto zum Rautaperäjärvi, wo Tauno wohnt. Unsere Verständigung ist im Wesentlichen auf Zeichensprache, ein paar Worte englisch und einzelne finnische Wörter, die ich kenne – wie zum Beispiel Hundekommandos (isstu = sitz) limitiert. Aber das tut dem Vergnügen keinen Abbruch, eher im Gegenteil. Es gibt eine paussi, bis Tauno ein zweites Boot mit dem Anhänger holt. Mit dem Quad zieht er den Anhänger durchs Gebüsch soweit in den See, dass wir das Boot ins Wasser schiebebn können. Dann geht es in den zwei Booten über den See zu einer Bucht. Tuula hat Schwierigkeiten den Motor zu starten bis die beiden Männer zurückkommen und ihr helfen.
Schon im Vorhinein wurde ausgiebig diskutiert, wie und wo das Netz nun auszulegen wäre. Dann sind wir da und es gibt wieder einmal … paussi. Rauchen, Telefonieren, Diskutieren – wir haben ja alle Zeit der Welt, die Sonne steht hoch am Himmel. Dann wird das Netz sortiert, geordnet und festgestellt, dass die beiden Seile, mit denen es vom Ufer her eingeholt wird, nicht mit dabei sind. Diskussion, Rauchen, Telefonieren, paussi. Tauno fährt schliesslich zurück und holt sie. Paussi. Zwei andere Sami kommen mit ihrem Boot an, um zu helfen. Schliesslich wird das Netz vom Boot ausgelegt, indem einer rudert und der andere das Netz ins Wasser lässt, für den Rest gibt es … paussi. Dann geht es ans Zurückholen und ich werde eingewiesen, wie ich beim Einholen mitziehen kann. Das ist richtig anstrengend und als Ergebnis ist genau gar kein Fisch im Netz. Wir fahren – ohne paussi – zu einem anderen Platz und das Netz wird neuerlich ausgelegt – diesmal sind 8 einigermassen grosse Fische und viele kleine drinnen: Reinanken (siika) und Kolmepiiki. Das reicht für heute und wir fahren wieder nach Hause. Tompa setzt mich in der Nacht wieder am Campingplatz ab.
21.7.
Es ist immer noch strahlender Sonnenschein, bis 25.7. soll es laut Wetterbericht so schön bleiben – aber das sagt in dieser Gegend rein gar nichts über das tatsächlich auftretende Wetter.
Ich besuche noch einmal die Baari und lade meine drei Sami-Freunde von gestern auf was zum Trinken ein, wenn sie das nächste Mal vorbeikommen – die Chefin hier weiss, wer was trinkt.
Dann setze ich mein Besichtungsprogramm von Sevetti fort: Tuulas Tochter, die über den Sommer im Museum arbeitet, zeigt mir die orthodoxe Kirche. In der Schule gibt es eine Ausstellung mit Handwerkskunst aus der Region.
Auch von Severine sind ein paar Bilder der nordischen Landschaften in der Ausstellung. Anfang nächsten Jahres wird es von ihr eine Ausstellung im SIIDA in Inari geben, wofür sie jetzt schon fleissig arbeitet und sich von den Farben der Natur inspirieren lässt.
Sevettijärvi hat natürlich auch einen richtigen Sandstrand, an dem sogar jemand zum Baden und Sonnenliegen ist.
Am frühen Nachmittag treffe ich mich noch zum Tee mit Maurice, der hier seit einigen Jahren lebt. Er zeigt mir seine wunderschönen Arbeiten wie Messer, Kuksa und eine handgenähte und bestickte Samimütze.
Winternächte sind lang und in der Schule von Sevetii gibt es regelmässig Kurse, in denen man die traditionellen Handwerkstechniken wie Bootsbau, Nähen von traditioneller (Fell-)Kleidung und Flechtarbeiten mit Wurzeln erlernen kann. Auch die Kinder lernen in der Schule wieder ihre beinahe ausgestorbene Sprache Kolta-Sami.
Es zieht ein kurzes Gewitter auf, das ich noch abwarte, bevor ich mich endgültig weiter auf den Weg Richtung Norden mache.
Der Rucksack ist mit dem neuen Futter wieder schwer, obwohl ich einiges bei Severine und Maurice gelassen habe, weil ich von den ersten beiden Wochen noch nicht alles gegessen habe.
Der Weg nach Opuskasjärvi ist eben und gemütlich zu gehen. Einen neuerlichen Regenschauer warte ich unter dem schnell aufgestellten Tarp ab. Ausser zahlreichen Rentieren werden jetzt neben dem Weg auch die Lemminge (sopuli) immer mehr. Während meiner Planung meinte ich zu Piia, ich würde gerne einmal einen Lemming sehen. Sie antwortet nur ganz trocken: You will see hundreds of them! Ich kann sagen, ich habe ungefähr jeden Hundertsten fotografiert.
Das ist in einer Gegend wie Mitteleuropa nur schwer vorstellbar, wo man sich freut, sehr selten bis gelegentlich einmal ein Tierchen am Wegesrand zu sehen – eine weghuschende Eidechse, ein abspringendes Reh oder eine Maus.
Vor zwei Tagen auf dem Weg ins Fjäll habe ich schon einige Lemminge gesehen und gehört, auf der Strasse liegen unzählige platt gefahrene. Doch jetzt erlebe ich sie richtig – und: sie sind nicht besonders smart. Mit ihrer perfekten Tarnfarbe würde ich sie neben dem Weg im Unterbewuchs gar nicht sehen, würden sie nicht schon auf drei, vier Meter Entfernung hysterisch zu quietschen beginnen und so das Interesse auf sich ziehen.
Dann wählen sie aus den Verhaltensoptionen flight, freeze oder fight die für ihre Grösse unsinnigste: Fight. Sie stellen sich todesmutig gegen mich, zeigen die Zähne, quietschen und hyperventilieren anstatt davonzulaufen und sich in einem Loch zu verstecken.
Das beschert mir eine erste lustige – also für mich lustig, für den sich zu Tode fürchtenden Lemming weniger – Fotosession mit einem Lemming, der sich an einem Baumstamm in eine Sackgasse manövriert hat und von dort gegen mich zum Kampf antreten will. Ich kann ihn aber nach einiger Zeit beruhigen, von meiner Harmlosigkeit überzeugen und ein paar nette Porträts und Videos machen.
Gegen 18:30 bin ich an der Hütte Opukasjärvi und hab sie ganz für mich allein. Nach einer Pause, Hüttenbuch lesen, mache ich mir draussen ein Feuerchen und koche mein Abendessen. Dass Titan angeblich die Hitze nicht so gut weiterleitet hat fürs Finger verbrennen kaum praktische Relevanz – an meinem Zeigefinger und Daumen ist der Löffelgriff samt seiner Lochaussparung eingebrannt. Ganz spät am Abend, ich bin schon am Einschlafen, kommt noch ein älterer, schwer schnaufender Wanderer vorbei, der aber auf dem Weg zum Fischen ist und sich in der Hütte nur schnell ein Essen bereitet, bevor er weiter zum Nätämöjoki Lachsfischen geht.
22.7.
In der Früh ist es windig und grau, aber im Lauf des Frühstücks wird es heller und es zeigen sich blaue Stellen am Himmel. Zum Essen gibt es eine Kombination aus Porridge (minuti puuro) mit Blaubeersuppe (mustikka keitto), sehr fein. An meiner Kniescheibe ist die Schwellung vom Sturz in den Sumpf inzwischen weg, dafür ist ein tiefes, nicht ganz schmerzfreies Cut, im Knochen sicht- und fühlbar. Das Gehen ist zwar nicht beeinträchtigt, aber mein Enthusiasmus gaaanz weit hinaus in die Kaldoaivi Wilderness zu gehen ist ein bisschen gedämpft.
Es ist mir wieder einmal zu kühl und zu windig, um zu paddeln, deshalb geht es auf den Weg über den Hügel zum Laavu von Opuskasköngäs am Nätäämöjoki und dann weiter am Fluss entlang. Als ich die Stromschnellen und Wassermassen des Flusses sehe, ist diese Paddeletappe auch schon ganz schnell abgehakt – nichts für mich!
Unterwegs sehe ich einen ganz jungen Lemming, der natürlich auch schon Quietschen und Kämpfen drauf hat.
Am Laavu mache ich eine kurze Pause, mir sind zu viele Fischer hier, das Wasser ist extrem laut und so gehe ich auf dem Trail eine Stunde flussabwärts weiter bis zum nächsten Laavu Kontinpaistama. Wie immer mache ich mir ein kleines Feuerchen, es gibt Pürree und Tee zum Mittagessen, weil es doch ziemlich kühl ist. Vor dem Aufbruch habe ich noch eine nette Unterhaltung mit einem Finnen, der grade angekommen ist und Lachsfischen will; wie alle hier, ich bin die Einzige, die wandert.
Bis zum nächsten Laavu Saunakoski sind es wieder nur 1,5 Stunden und ich komme bei feuchtelnden 16° und Niesel an. Das ganze Laavu ist angeräumt und es stehen ein paar Zelte da – hier ist ein sehr bekannter Fishing spot für Lachse. Bislang habe ich aber noch niemanden getroffen, der tatsächlich einen gefangen hätte.
Mit einem Feuer unterm Laavu sitzend ist es warm genug und der Abend mit den Fischern ist ausgesprochen nett – ich habe wieder Gelegenheit meine zwei finnischen Wörter des Tages zu lernen. Die Nacht verbringe ich gemütlich unterm Trailstar.
23.7.
Am Morgen ist es wieder wärmer, 20° und nur teilbewölkt. Bei einem kleinen Morgenspaziergang laufen unzählige Lemminge vor mir auf dem Weg – lustig sieht das aus mit ihrem uneleganten Hamsterhoppeln. Auch auf dem weiteren Weg sehe ich unzählige – ich finde sie hübsch und mag sie sehr, sie sind ausserdem mit Abstand die beste Unterhaltung auf dem Trail!
Angeblich soll der Nätäämöjoki laut einigen Fischern ab hier einfach zu befahren sein, aber so ganz geheuer ist mir das nicht und ich gehe lieber weiter zu Fuss. Ich habe keine detaillierte Flussbeschreibung und mein wichtigstes Kriterium ist: Wasser, das Geräusche macht, ist für mich nicht zu paddeln.
So recht ist heute noch kein Weiterkommen – mitten auf der Brücke über den Kuosnijoki sitze ich eine halbe Stunde in der Sonne, lasse die Füsse baumeln und schaue ins fliessende Wasser, warte auf Lachse, die um diese Jahreszeit flussaufwärts schwimmen. Dann mache ich eine neuerliche Pause an der Hütte von Kuosnijoki, wo ich mich mit Gérard, einem französischen Kinderarzt, sehr gut unterhalte. Er erzählt mir, dass man an der nächsten Stromschnelle immer wieder einmal Lachse springen sehen kann – aber in den 20 min die ich dort warte springt keiner.
Als der Fluss ganz ruhig wird und nur mehr gemächlich dahinfliesst, kommt endlich meine Paddeletappe auf dem Nätäämöjoki. Beim Aufblasen des Packrafts kommen zwei Eistaucher vorbei, die mich nicht bemerken. Die beiden lassen sich auf dem Fluss dahintreiben und abwechselnd lassen sie ihren schönen langgezogenen Ruf übers Wasser ziehen, indem sie den Kopf und Hals lange nach vor und knapp übers Wasser strecken.
Ich paddle ungefähr eine Stunde, bis das Rauschen der nächsten Stromschnellen zu hören ist. Ab hier geht es wieder zu Fuss weiter bis zum Laavu von Kallokoski. Der Platz sieht eher traurig aus, das Laavu ist kurze Zeit zuvor abgebrannt – nur die Nebengebäude stehen noch. Obwohl ich das als Übernachtungsplatz vorgesehen hatte, gefällt mir die Lautstärke des Flusses und der Platz insgesamt nicht.
Nach einer Mittagspause gehe ich wie auf rohen Eiern über die schwankende Hängebrücke auf die andere Seite des Nätäämöjoki.
Noch einmal rund 10 km sind es bis zum nächsten Laavu am Paikoinlampi. Kurz hinter der Brücke treffe ich einen Finnen mit einem Quad, er bleibt stehen und ich frage ihn, ob er zum Fischen hier ist. Er antwortet ganz trocken, nein, er kontrolliere die Angellizenzen.
Vor der zweiten Hängebrücke kommt der erste Hillasuo (=Sumpf), in dem die Lakka (oder Hilla) auch schon reif sind und ich stopfe sie nur so in mich hinein.
Der Weg ist anfangs sensationell – sandig und eben, schnurgerade, locker stehende Kiefern – wie eine riesige Parklandschaft, quasi kinderwagentauglich. Das ändert sich aber, nach ein paar Kilometern kommen wieder Sumpf und Steine.
Der letzte Kilometer (von rund 21 heute) zieht sich lange hin, aber das wunderschön gelegene Laavu, wo ich um 20:30 ankomme, entschädigt für alles! Dieser Platz steht auf der Hitliste meiner besten Plätze ganz weit oben. Als ich mich eingerichtet habe, beginnt es zu regnen. Ich schlafe unter dem Dach, nicht einmal das Moskitonetz ist nötig, es ist absolut still.
24.7.
In der Früh hat es ziemlich frische 10° bei niedrig hängenden Wolken und ich bleibe noch etwas in meinem Quilt liegen. Mit einem Frühstücksfeuer mache ich es aber später gemütlich und gegen 11:00 beginne ich die heutige kurze, rund 10 km, Etappe zur nächsten Hütte Rousajärvi. Nach dem Laavu geht es zuerst durch eine breite knietiefe Furt und dann aufs Fjäll, durch viele andere Bäche, zwischen zwei Bergen durch und wieder in den Birkenwald hinein.
Auf dem Fjäll sehe ich eine Schnee-Eule fliegen und ein tot-(geborenes?) Rentierkalb. Unterwegs finde ich auf dem Weg einen Nikon-Objektivdeckel und auch die Spuren sagen mir, dass hier erst kürzlich jemand unterwegs war. Um 14:00 komme ich an der Hütte an, jemand hat hier seinen Rucksack schon deponiert und ist offensichtlich unterwegs zum Angeln.
Ich heize in der Hütte ein, meine Wäsche ist wieder einmal zu waschen und beim Sitzen und Nichtstun kühle ich zu schnell aus. Bei mir gibt es zum Abendessen Spaghetti Bolognese , für P. , der inzwischen zurück ist, gibt es zwei Forellen. Er freut sich über seinen Objektivdeckel. Wir haben einen netten Abend und ich kann wieder meinen Finnisch-Wortschatz um ein paar Fischnamen erweitern. Das Outdoor-TV-Programm vor dem Fenster spielt heute „Lemminge und Mäuse unterwegs„. In der Nacht regnet es wieder.
25.7.
Der Regen zieht sich noch bis Mittag und ich marschiere erst gegen 15:30 nach einem Mittagessen mit Kartoffelsnack los – bis zur nächsten Hütte Huikkimajoki sind es nur 6 km, für mich nur etwas mehr als eine Stunde zu gehen. Ich habe beschlossen, mit meinem beschädigten Knie kurze Etappen weit unterhalb meiner Leistungsgrenze zu gehen, am Trail zu bleiben und nicht in die völlige Wildnis der Kaldoaivi hinauszugehen. Die weite grosse Landschaft finde ich schwer beeindruckend und die Geschwindigkeit, in der das Wetter hier wechselt, ebenso. Nach meinen bisherigen Erfahrungen mit den Flüssen und den Infos, die ich von den Fischern bekommen habe, ist der Pulmankijoki erst im Unterlauf gut zu paddeln, vorher ist er viel zu steinig und zu wenig Wasser.
Als ich endlich losgehe kommt auch die Sonne hervor – die kurze Regenphase ist vorbei. Es geht über kleinere Hügel ins Fjäll, um mich herum sitzen die Goldregenpfeifer auf ihren erhöhten Punkten und rufen ein monotones Piep – Piep – Piep. Natürlich gibt es wieder jede Menge Steine und Sumpf, zahlreiche Bäche zu furten – für mich ganz einfach, weil meine Schuhe sowieso ab dem ersten Sumpf und dann für den Rest des Tages nass sind und ich nicht in Sandalen wechsle. Erst wenn ich in der Hütte angekommen bin, wechsle ich aus den nassen in die trockenen Socken und meine Füsse sind in wenigen Minuten warm.
Der Ausblick von den Hügeln auf die grandiose Weite der Kaldoaivi Wilderness ist atemberaubend schön. Ganz anders und irgendwie erhebender als die bewaldete Dichte im westlichen Teil der Vätsäri Wilderness, die ich zuvor durchquert habe.
Unterwegs treffe ich auf den ersten Wanderer (von den Begegnungen mit Fischern an den Hütten und Laavus abgesehen) auf dem Weg. In der Hütte von Huikkimajoki sind auch schon zwei Burschen, die vom Pulmankijärvi kommend Richtung Süden unterwegs sind. Troutfisher ist schon vor mir, noch im Regen, von Rousajärvi weggegangen und inzwischen angekommen. Er versucht wieder sein Abendessen zu fangen – mit einem grossen Hecht kommt er zurück.
Den Nachmittag verbringe ich entspannt mit Lesen und Snacks knabbern – abwechselnd einmal salzig mit Beefjerky und dann wieder süss mit Trailmix.
26.7.
Schon um 8:00 bin ich heute auf – in der Nacht war es etwas zu warm in der Hütte und der frische sonnige Morgen draussen ist verlockend. Die Euphorie des Tages ist leider ganz schnell gedämpft, als ich mir draussen an einem der Querpfosten der Hütte den Kopf von oben heftig anhaue und dabei nach unten ordentlich in die Zunge beisse. Nach einiger Zeit sind die Sternchen vergangen und ich kann wieder klar sehen … die Zunge braucht vier Tage bis sie sich ganz erholt hat.
Das Wetter bleibt trotzdem herrlich und der Weg verläuft abwechslungsreich zwischen Birken, etwas bergauf, im Sumpf, mit Steinen im Fjäll und zum Schluss noch einmal ganz viel Sumpf – eine echte finnische Mischung. Die Goldregenpfeifer piepen wieder, und eine Rentiermami macht Pause, um ihr Kalb trinken zu lassen. Die Lemminge wuseln nur so herum – im Schnitt sehe oder höre ich ungefähr zwei pro Minute. Es ist ein richtiges Lemmingjahr – in den Siebzigerjahren gab es das letzte Mal eine so grosse Population.
Am Rentierzaun, der quer übers Fjäll zieht, mache ich eine kurze Pause und gegen 13:00 komme ich nach rund vier Stunden an der nächsten Hütte Tsaarajärvi an. Sie liegt sehr schön am See in offenem Gelände.
Zuerst kommt nach der Ankunft natürlich der Blick ins Hüttenbuch. Dann mit dem Eimer am See Wasser holen und meine Socken muss ich nach dem letzten ausgedehnten Sumpfabschnitt waschen. Von Ferne höre ich einen Helikopter, bald ist er zu sehen. Er kommt tiefer und direkt zur Hütte, ich kann den Teil Raja… in der Aufschrift erkennen, es muss die Grenzkontrolle sein. Ganz offensichtlich wollen sie hier bei der Hütte landen und suchen einen Landeplatz.
Ein kurzer Gedanke überkommt mich, ob ich wohl versehentlich den falschen Knopf am Spot Messenger gedrückt haben könnte und damit Piia alarmiert habe?
Eigentlich ist das nicht möglich, weil es durchgehend ausgeschalten ist, wenn ich nicht gerade sende.
Irgendeinen Grund werden die schon haben, ich mache Fotos und beobachte neugierig, was weiter passiert. Im zweiten Versuch kommt der Heli ungefähr 150 m neben der Hütte runter und einer der Beamten steigt aus. Mit dem Wasser und meinen nassen Socken gehe ich zur Hütte und da kommt mir der junge Beamte entgegen, reicht mir freundlich lächelnd die Hand, stellt sich vor, ich mich natürlich auch. Er strahlt übers ganze Gesicht und erklärt mir, schön, dass sie mich gefunden hätten und sie wären hier, weil Piia schon seit 3 Tagen keine OK-Message vom Spot erhalten hat. Wie sie mir später erzählt, hat Piia Freunde in Lappland bei der Grenzkontrolle und dort einmal kurz angerufen und gebeten, für den Fall, dass auch weiterhin kein OK käme, einmal nach mir zu sehen, wenn sie grade in der Gegend sind. Und Sami meinte, hier wären sie nun, super, dass alles in Ordnung ist und ausserdem wäre das doch ihre Arbeit und sie sind nicht ganz extra hierher geflogen. Damit verabschiedet er sich, immer noch freudestrahlend, und lässt mich sprachlos und gerührt zurück.
Abends gibt es noch ein heftiges Gewitter und gegen Mitternacht kommen zwei Finnen, völlig durchnässt, und beginnen mit Einheizen, Essen kochen, etc. Sie sind von Metsähallitus und checken den Zustand der Hütten, entleeren das Kompostklo und machen Feuerholz.
Nice pics again. I even understood some of the writing.
Ps. see if you can read this:
http://www.hs.fi/kotimaa/artikkeli/Lapissa+laaja+sopulivaellus/1135268815706
komisch, dass Lemminge noch nicht zu Haustieren in Kinderzimmern ernannt wurden … Hyperventilieren und Quietschen, das wär doch was:-)
@tf : Thanks 😉 I asked Google to translate and I could understand most if it 😉 Very lucky to be up there at the right time!
@Henrik: ja, das habe ich mich auch immer wieder gefragt, die sehen nämlich auch noch ausgesprochen süss aus! Leicht zu fangen. Aber – der Berglemming ist normalerweise richtig selten und auch streng geschützt. Und er dürfte ziemlich anspruchsvoll sein, was die Fütterung und Haltung anlangt.
Steppenlemminge werden schon im Käfig gehalten … 🙁
Sehr super die Historie des Helikopters!!! Du hast eine echt gute Freundin! 🙂 Ich kann es mir vorstellen, wie überrascht Du warst! wow.