Und hier kommen nun die Bilder von Oregon – wunderschöne Landschaften und Ausblicke – doch die Kondensation wird einen falschen Eindruck vermitteln: dazwischen liegt unendlich viel eintöniger Wald!
Oregon hatte es insgesamt schwer gegen die vom Trail in Kalifornien vorgegebene hohe Latte anzukommen. Zunächst einmal ist der Einstieg in den Trail für die ersten 7 bis 10 Tage immer etwas mühsam: Rucksack mit Futter für eine Woche, dazu noch viel Wasser und Temperaturen um die +30°. Die Gelenke und Muskeln haben sich noch nicht damit abgefunden und ergeben, dass sie wieder tägliche Schwerarbeit leisten müssen und die Landschaft, war – mmmh, naja. Mit der Top-Kondition, die man üblicherweise an der Grenze zu Oregon hat, fällt eine eher langweilige Zweitages-Waldetappe nicht so auf – für die ich diesmal aber gut 5 Tage gebraucht habe. So gut wie keine Ausblicke, keine Tiere, hochsommerliche Trockenheit und das treibende Gefühl es muss doch einmal ein Punkt kommen, wo ich raussehen kann, Weite, Luft, Himmel …
Und die Weite und schönen Aussichten gibt es tatsächlich – Oregon wird mit jedem Tag schöner!
Der erste Tag – Pilot Rock, ein Überrest eines Vulkans. Oregon mit der Cascade Range ist Vulkanland und so liegen unzählige Vulkane am Weg – erodierte Überreste wie Pilot Rock oder die alte North Sister in der Three Sisters Wilderness, völlig explodierte wie der Kraterrest von Mazama mit dem tiefblauen See oder Mt. Saint Helens in Washington und auch ein paar jüngere wie die South Sister.
Mount Shasta, den ich letztes Jahr zu dreiviertel umrundet habe, zeigt sich immer noch in eindrucksvoller Schönheit im Süden. Bis zum Crater Lake, an die 100 Meilen weiter nördlich, ist er noch wie ein Geist am Horizont zu sehen! Einer der seltenen Ausblicke, die in den nächsten Tagen immer rarer werden …
Das tägliche Bild des Waldes: Und das ist die Perspektive der nächsten zwei Wochen – Wald. Totholz, stehendes und liegendes, abgebrannt, ohne einen einzigen Hauch grün oder mit frischem neuem Unterbau – meistens absolut still, oft ohne das leiseste Anzeichen von Leben. Umgestürzte Bäume liegen oft quer über den Trail und erfordern Umwege oder Drüberklettern.
Wann und wie diese Bäume umfallen, darüber habe ich mir nie den Kopf zerbrochen … auch nicht über die mehr oder weniger philosophische Frage, ob der Baum beim Umfallen ein Geräusch macht, wenn niemand da ist, der es hören kann. Aber während einer kurzen Pause an einem der Rosary Lakes kracht und ächzt es plötzlich hinter mir und einer der alten toten Baumriesen stürzt mit einem eindrucksvollen wumms zu Boden. Es war nicht windig und es gab keinen erkennbaren Grund, warum ausgerechnet jetzt.
Ab diesem Zeitpunkt habe ich jedoch für einige Tage bei der Schlafplatzwahl die alten Bäume rund um mich sehr kritisch beäugt!
South Brown Mountain Shelter ist eine der ganz seltenen Hütten am PCT und es gibt hier einen Brunnen. Ein idealer Platz, um meine kurze Tagesetappe zu beenden und zu bleiben. Am Abend erscheint eine Hirschkuh mit ihren zwei noch weissgefleckten Kälbern – die echten Bambivorbilder!
Das tägliche Bild des Waldes
Manchmal auch mit alten Urwaldriesen.
Das erste Mal geht es über Lavafelder mit Ausblick auf Mt. Mc Loughlin, an dem der PCT rechts vorbeiführt.
Western Toad – ein der typischen Kröten für den Nordwesten – bei hellem Sonnenschein unterwegs und anfänglich etwas fotoscheu.
Camp am Red Lake – ich habe eine seenreichere und landschaftliche reizvollere Alternative des PCT genommen. Die letzten Tage haben mir meine kleinen Freunde schon das erste Begrüssungskomitee geschickt und hier treffe ich sie jetzt alle! Selbst für eine Mittagspause baue ich schnell mein SMD Skyscape auf, um ungestört zu sein. Am Red Lake geniesse ich einen schönen sonnigen Nachmittag, baden, Wäsche waschen und in der Sonne sitzen.
In der Früh ist es ziemlich frisch mit 10°, aber die Moskitos haben mich ausserhalb meines Zelts schon erwartet und begleiten mich durch den Wald.
Bevor ich vom Sky Lake Trail wieder zurück bergauf zum PCT komme, gibt es noch ein erfrischendes Bad an einem der zahlreichen kleinen Seen. Bergauf geht es über Schutthänge mit losem schieferähnlichem Gestein.
Endlich auf der Höhe und es gibt Aussichten – auf dem Weg zum Devils Peak über losen Schutt. Von meinem Rastplatz aus, einem schmalen Sattel, ist der Blick Richtung Norden frei: LlaoRock, der den Rand des Crater Lake bildet, Diamond Peak, Union Peak und im Süden immer noch Mt. Shasta.
Abgebrannter Wald bringt Abwechslung!
Am Mazama Campground – meiner ersten Resupply Station – treffe ich Anish, die den PCT-Rekord brechen möchte und 60 Tage für die gesamte Strecke geplant hat. Sie ist bereits in 40 Tagen durch Kalifornien gegangen (ich habe letztes Jahr 100 Tage gebraucht und war schon nicht ganz langsam unterwegs …) . Für eine Dusche, auf die ich sie einladen will, hat sie keine Zeit, aber Flüssigkalorien in Form von Cola sind ihr lieber. Ihre Endzeit und Rekord für den unsupported PCT (Selbstversorgung) sind schliesslich 60 Tage, 17 Stunden, 12 Minuten – das macht so ca. 44 Meilen pro Tag!
Davon kann ich nur träumen – meine täglichen Etappen liegen so um die 15 bis 20 Meilen…
Der erste Blick auf Crater Lake – ein sagenhaftes unglaubliches, geradezu unwirkliches Blau bei einer spiegelglatten Oberfläche am Morgen. Der See ist 600m tief und vom Kraterrand (rim) geht es unwegsame und gefährliche 300m bis zur Wasseroberfläche. Nachdem der riesige Vulkan vor rund 7700 Jahren sein Material in die weitere und ferne Umgebung verteilt hat, ist er in sich zusammengestürzt und der verbliebene Krater hat sich im Lauf der nächsten 1000 Jahre mit Wasser gefüllt. Wizard Island im Crater Lake ist der Kegel eines neuen kleinen Vulkans und unter Wasser gibt es noch weitere.
Einen halben Tag lang geht es am Kraterrand entlang – jeder neue Blick in das tiefe Blau weckt das ungläubige Erstaunen – und unmöglich im Bild festzuhalten!
Richtung Norden ist schon die prägnante Spitze von Mt. Thielsen – einem weiteren alten Vulkan – zu sehen. Leicht zu verstehen, dass er auch der Blitzableiter der Cascades genannt wird.
Nach einem kurzen Abstecher auf den Watchman, einen Feueraussichtsturm, mit naturgemäss grossartigem Ausblick, geht es über die ausgedehnten Bimssteinebenen – eine wasserlose 26 Meilenetappe bis zum Thielsen Creek. Ein von einem Trail Angel angelegtes Wasserdepot bringt Erleichterung in jeder Hinsicht.
Eine trockene und heisse Etappe durch die Wälder der Pumice Flats – dazu jede Menge Cavaletti um die Beinarbeit auf der ebenen Sandstrecke zu verbessern.
Immer noch prägt der Bimsstein den Untergrund – an den Flanken des Mt. Thielsen.
Thielsen Creek – die erste Wasserstelle mit Ausblick auf ein Teil des Grats von Mt. Thielsen.
Am Crescent Lake – einer weiteren seenreichen Alternative zum PCT – lege ich einen gemütlichen Ruhe- und Strandtag ein. Ein Streifenhörnchen will mein Essen stehlen und untersucht meine gesamte Küche während ich ihm erkläre, dass das alles meins ist!
Fortsetzung folgt!
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