Und diesmal war ich ganz oben – auf allen Zeller Hüten! Das Wochenende verspricht richtig schön zu werden und ich nehme meinen zweiten Anlauf, den Grossen Zellerhut 1639m zu besteigen.
Um kurz nach 16:00 starte ich in der Rasing vom Parkplatz in Richtung Farnboden. Für den Abend habe ich mir noch ein paar Maroni mitgekommen und mir schwebt vor, die im abendlichen Feuerchen zu rösten. Der schöne Traum löst aber gleich darauf in Wohlgefallen auf als mich der Teichbauer fragt, o ich denn auch zur Farnbodenhütte unterwegs wäre, es wären heute doch schon einige Autos hinaufgefahren … Das wird wohl nichts mit einem stillen Abend am Feuer mit Maronibraten. Nach einer guten Stunde zügigen Bergaufgehens komme ich am Farnboden an – es ist mir trotz der beginnenden Abendkühle mit meinem 260er Merino beinahe zu warm. Die Hütte ist tatsächlich belegt und ich wandere quer über die schöne Hochfläche weiter Richtung Ochsenboden – es wird sich schon ein schönes Plätzchen für ein Biwak finden. Und das vielleicht auch ein bissche höher um den nächtlichen Nebel, der bis auf ungefähr 1000-2000m reicht zu vermeiden. An der Hütte am Ochsenboden steht ein Auto und im bewaldeten Steilhang daneben schreit, grölt, kreischt und brüllt eine Gruppe von Erwachsenen mit Kindern so, dass ich mich frage, ob ich heute im falschen Film gelandet bin. Da ich davon ausgehe, dass dies die Gruppe ist, die in der Farnbodenhütte nächtigt, bin gewiss, dass sie bald weg sein werden und noch einmal froh weitergegangen zu sein.
Ein paar Höhenmeter noch und ich finde mir am Anstieg zum Feldhütl eine Mulde mit den 2 Quadratmetern ebenem Boden, den ich für mein Lager brauche. Das Skyscape ist schnell aufgebaut und es wird schön langsam frisch, so dass ich mir eine Schicht nach der anderen überziehe. Ich koche mir in meiner kleinen Küche Fusilli mit Tomatensauce und Mozzarella, zum Nachtisch gibt es Tee, Lebkuchen (einer der Gründe warum meine Touren so oft Mariazell beginnen?) und Marzipan.
Und dann ist schon vor 19:00 Schlafsackruhe angesagt, weil mir sonst zu kalt ist. Diesmal habe ich meinen WM VBL dabei, weil mir vor zwei Wochen nachts etwas zu kühl war und ich auch gerne einmal testen möchte, wie es sich darin schläft. Die Idee war so glorreich dann doch nicht, denn die Nacht war bei weitem nicht so kalt wie erwartet – nur knapp unter 0° – und irgendwann bin ich aufgewacht, weil mir zu warm war und sich alles doch sehr feucht angefühlt hat.
Nach 12h bin ich kurz vor Sonnenaufgang frisch und ausgeruht. Nur ganz kurz färbt sich der Himmel orange und da erscheint auch schon die Sonne am klaren Himmel. Mein Biwakplatz bekommt auch gleich die ersten Sonnenstrahlen ab. Beim Frühstückmachen kippt der Spirituskocher um während ich ein paar Schritte bergauf gehe, um Fotos zu machen und um Haaresbreite hätte es das Zelt erwischt. Ich sollte vielleicht doch wieder sorgsamer sein!
Schon kurz nach 8:00 – jetzt Winterzeit – bin ich bei strahlendem Sonnenschein unterwegs. Unter mir in den Tälern hängt der dichte Nebel, auch der Farnboden liegt mittendrin in der weissen Watte. Eine wundervolle Inversionlage – und ein echter Spezialist dafür ist Terry mit vielen schönen Bildern in seinem Blog.
Beim ersten Anstieg auf das Feldhütl treffe ich schon die erste Gemse, die pfeifend in der Leiten steht und sich mehrmals nach mir umdreht. Bis zur ersten Rast nach 1,5h bei der Jagdhütte am Sattel sehe ich noch unzählige Gemsen, die in der Morgensonne auf den grasigen Hängen stehen, meistens Geissen mit ein oder zwei Kitzen.
Nach der kurzen Rast mit Jause beginne ich den Anstieg zu den beiden letzten Hüten – dem Mittleren und dem Grossen Zellerhut. Um mich ist alles still bis auf die Flugzeuge, die mit Lärm und Kondensstreifen über den Himmel ziehen.
Der Fernsichtregler ist heute auf maximal gestellt, der Kontrast verstärkt und die Berge, vor allem der Ötscher scheinen so nah, dass ich meine, sie streicheln zu können.
Hinter einer kleinen Kuppe stehen drei Gemsen unmittelbar vor mir – nur die Hinterteile sind zwischen den Latschen zu sehen und fürs Anpirschen bin ich leider schon zu nah.
Um 9:30 taucht fast unvermittelt vor mir zwischen den Latschen das Gipfelkreuz auf und dann steh ich endlich oben auf dem Grossen Zellerhut. Ungefähr 20 Jahre alt ist der Plan, einmal da herauf zu kommen, aber manches gut Ding braucht eben seine Weile.
Nach dem Eintrag ins Gipfelbuch gibt es eine ausgedehnte Mittagsjause, zum Abschluss gibt es noch eine Blaubeersuppe. Eineinhalb Stunden bin ich am Gipfel und geniesse die Sonne und die Aussicht, es ist beinahe windstill. Über die Staritzen kommt ein Motorsegler, schon ganz tief im Anflug auf den Flugplatz Mariazell. Als ich hinaufschaue winkt er mir zweimal mit den Flügeln zu! Nur ein weiterer Wanderer taucht auf, der Stille und Sonne ebenso geniesst und respektiert wie ich. Nachdem er wieder weg ist kommt noch einer, für den Mobiltelefon und jede Menge Stille mit Tönen möblieren wichtiger ist.
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Da es ohnehin schon 13:00 ist mache ich mich auf den Rückweg. Immer noch habe ich mich nicht an den bunten Herbstwäldern und den klaren Konturen der Berge satt gesehen. Die Gemsen sind inzwischen in ihren Einständen, nur auf der Schattseite stehen ein paar schwarze Kugeln in ihrem fluffigen Winterhaar herum. Auf dem Zeller Sattel mache ich noch einmal ein Pause in der Sonne bevor es auf dei schattige Nordseite durch den Seewirtgraben ins Tal geht. Die Lärchen sind inzwischen alle leuchtend gelb, die Buchen beginnen schon zum Teil ihr Laub zu verlieren – in wenigen Wochen wird der farbige Herbstzauber vorbei sein.
Zügig geht es im PCT-Trainingsschritt bergab bis zum ehemaligen Hotel Maria Wasserfall, in dem ich meine erste Nacht in Mariazell verbracht habe. Und endlich sehe ich mir auch den namengebenden Wasserfall an, bevor es im fleissigen Arbeitsschritt am Mariazeller Rundwanderweg zurück zum Auto geht.
Am Schlafsystem habe ich diesmal zusätzlich zum VBL noch variiert: Klymit X-Frame mit der Multimat Adventure oben drauf – ausreichend warm; die Artiach Light Plus war für den Fall als BackUp dabei. Im SMD Skyscape war es die erste kondensfreie Nacht – alles war vollkommen trocken, obwohl die Nacht völlig windstill war.